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Johann Gottfried
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IVOrganisation der afrikanischen VölkerBillig müssen wir, wenn wir zum Lande der Schwarzen übergehn, unsre stolzen Vorurteile verleugnen und die Organisation ihres Erdstrichs so unparteiisch betrachten, als ob sie die einzige in der Welt wäre. Mit eben dem Recht, mit dem wir den Neger für einen verfluchten Sohn Chams und für ein Ebenbild des Unholds halten, kann er seine grausame Räuber für Albinos und weiße Satane erklären, die nur aus Schwachheit der Natur so entartet sind, wie, dem Nordpol nahe, mehrere Tiere in Weiß ausarten. »Ich«, könnte er sagen, »ich, der Schwarze, bin Urmensch. Mich hat der Quell des Lebens, die Sonne, am stärksten getränkt, bei mir und überall um mich her hat er am lebendigsten, am tiefsten gewirket. Sehet mein gold-, mein fruchtreiches Land, meine himmelhohen Bäume, meine kräftigen Tiere! Alle Elemente wimmeln bei mir von Leben, und ich ward der Mittelpunkt dieser Lebenswirkung.« So könnte der Neger sagen, und wir wollen also mit Bescheidenheit auf sein ihm eigentümliches Erdreich treten. Sogleich beim Isthmus stößet uns eine sonderbare Nation auf, die Ägypter. Groß, stark, fett von Leibe (mit welcher Fettigkeit sie der Nil segnen soll), dabei von grobem Knochengebilde und gelbbraun; indessen sind sie gesund und fruchtbar, leben lange und sind mäßig. Jetzt faul, einst waren sie arbeitsam und fleißig; offenbar hat auch ein Volk von diesen Knochen und dieser Bildung [62] dazu gehört, daß alle die gepriesnen Künste und Anstalten der alten Ägypter zustande kommen konnten. Eine feinere Nation hätte sich dazu schwerlich bequemet. Die Einwohner Nubiens und der weiter hinauf liegenden innern Gegenden von Afrika kennen wir noch wenig; wenn indessen den vorläufigen Nachrichten Bruce [63] zu trauen ist, so wohnen auf dieser ganzen Erdhöhe keine Negergeschlechter, die er nur den öst- und westlichen Küsten dieses Welt teils als den niedrigsten und heißesten Gegenden zueignet. Selbst unter dem Äquator, sagt er, gebe es auf dieser sehr gemäßigten und regenhaften Erdhöhe nur weiße oder gelbbraune Menschen. So merkwürdig dieses Faktum wäre, den Ursprung der Negerschwärze zu erklären, so zeigt, woran uns beinahe noch mehr gelegen ist, auch die Form der Nationen dieser Gegenden eine allmähliche Fortrückung zur Negerbildung. Wir wissen, daß die Abessinier ursprünglich arabischer Herkunft sind und beide Reiche auch oft und lange verbunden gewesen; indessen, wenn wir nach den Bildnissen derselben bei Ludolf [64] u. a. urteilen dürfen, welche härtere Gesichtszüge erscheinen hier als in der arabischen und weitern asiatischen Gestalt! Sie nähert sich der Negerform, obwohl noch von fern, und die großen Abwechselungen des Landes an hohen Bergen und den angenehmsten Ebnen, die Abwechselungen des Klima mit Sturmwinden, Hitze, Kälte und der schönsten Zeit nebst noch einer Reihe andrer Ursachen scheinen diese hart zusammengesetzten Züge zu erklären. In einem verschiednen Weltteil mußte sich auch eine verschiedne Menschengestalt erzeugen, deren Charakter viel sinnliche Lebenskraft, eine große Dauer, aber auch ein Übergang zum Äußersten in der Bildung, welches allemal tierisch ist, zu sein scheinet. Die Kultur und Regierungsform der Abessinier ist ihrer Gestalt sowohl als der Beschaffenheit ihres Landes gemäß ein rohes Gemisch von Christen- und Heidentum, von freier Sorglosigkeit und von barbarischem Despotismus. Auf der andern Seite von Afrika kennen wir die Berbers oder Brebers gleichergestalt zu wenig, um von ihnen urteilen zu können. Ihr Aufenthalt auf den Atlas-Gebürgen und ihre harte, muntre Lebensweise hat ihnen die wohlgewachsne, leichte und hurtige Gestalt erhalten, die sie auch von den Arabern unterscheidet [65] Sie sind also noch nichts minder als ein Volk von Negerbildung, sowenig es die Mauren sind; denn diese letzten sind mit andern Völkern vermischte arabische Geschlechter. Ein schönes Volk, sagt ein neuer Beobachter [66], von feinen Gesichtszügen, länglich runden Gesichten, schönen großen feurigen Augen, länglichten und nicht breiten, nicht platten Nasen, von schönem, etwas in Locken fallenden, schwarzen Haar. Also auch mitten in Afrika eine asiatische Bildung. Vom Gambia und Senegastrom fangen eigentlich die Negergeschlechter an, doch auch hier noch mit allmählichen Übergängen [67]. Die Jalofer oder Wulufs haben noch nicht die platten Nasen und dicken Lippen der gemeinen Negers; sie sowohl als die kleinern, behendern Fulis, die nach einigen Beschreibungen in Freude, Tanz und in der glücklichsten Ordnung leben, sind in ihrem schönen Gliederbau, in ihrem schlichten, nur wenig wollichten Haar, in ihren offnen länglichen Gesichtern noch Bilder der Schönheit gegen jene Mandigoer und die weiter hinab wohnenden Negervölker. Jenseit des Senega also fangen erst die dicken Lippen und platten Nasen der Negergestalt an, die sich mit noch ungezählten Varietäten kleiner Völkerschaften über Guinea, Loango, Kongo, Angola tief hinab verbreiten. Auf Kongo und Angola z. E. fällt die Schwärze in die Olivenfarbe; das krause Haar wird rötlich; die Augäpfel werden grün; das Aufgeworfne der Lippen mindert sich, und die Statur wird kleiner. An der gegenseitigen Küste Zanguebar findet sich ebendiese Olivenfarbe, nur bei einer größern Gestalt und regelmäßigern Bildung, wieder. Die Hottentotten und Kaffern endlich sind Rückgänge der Negerin eine andre Bildung. Die Nase jener fängt an, etwas von der gequetschten Plattigkeit, die Lippe von ihrer geschwollnen Dicke zu verlieren; das Haar ist die Mitte zwischen der Wolle der Neger und dem Haar andrer Völker; ihre Farbe ist gelbbraun, ihr Wuchs wie der der meisten Europäer, nur mit kleineren Händen und Füßen. [68] Kennten wir nun noch die zahlreichen Völkerschaften, die über ihren dürren Gegenden im Innersten von Afrika bis nach Abessinien hinauf wohnen und bei welchen, nach manchen Anzeigen an den Grenzen, Fruchtbarkeit des Landes, Schönheit, Stärke, Kultur und Kunst zunehmen sollen, so könnten wir die Schattierungen des Völkergemäldes in diesem großen Weltteil vollenden und würden vielleicht nirgend eine Lücke finden. Aber wie arm sind wir überhaupt an geltenden Nachrichten aus diesem Strich der Erde! Kaum die Küsten des Landes kennen wir, und auch diese oft nicht weiter, als die europäischen Kanonen reichen. Das Innere von Afrika hat von neuern Europäern niemand durchreiset, wie es doch die arabischen Karawanen so oft tun [69]; was wir von ihm wissen, sind Sagen aus dem Munde der Schwarzen oder ziemlich alte Nachrichten einiger glücklichen oder unglücklichen Abenteurer. [70] - Zudem scheint auch bei den Nationen, die wir schon kennen könnten, das Auge der Europäer viel zu tyrannisch-sorglos zu sein, um bei schwarzen elenden Sklaven Unterschiede der Nationalbildung ausforschen zu wollen. Man betrachtet sie wie Vieh und bemerkt sie im Kauf nur nach den Zähnen. Ein Herrnhutischer Missionarius [71] hat aus einem andern Weltteil her uns sorgfältigere Unterscheidungen von Völkerschaften der Neger gegeben als so manche afrikanische Reisende, die an die Küste streiften. Welch ein Glück wäre es für Natur- und Menschenkunde, wenn eine Gesellschaft Menschen von Forsters Geist, von Sparrmanns Geduld und von den Kenntnissen beider dies unentdeckte Land durchzögen! Die Nachrichten, die man von den menschenfresserischen Jagas und Anziken gibt, sind gewiß übertrieben, wenn man sie auf alle Völker des innern Afrika verbreitet. Die Jagas scheinen eine verbündete Räubernation, gleichsam ein künstliches Volk zu sein, das als ein Gemenge und Auswurf mehrerer Völker Freibeuter auf dem festen Lande macht und zu dem Ende in rohen grausamen Gewohnheiten lebet. [72] Die Anziken sind Gebirgsvölker, vielleicht die Mongolen und Kalmücken dieser Gegend; wie manche glückliche und ruhige Nation aber mag am Fuß der Mondgebirge wohnen! Europa ist nicht wert, ihr Glück zu sehen, da es sich an diesem Weltteil unverzeihlich versündigt hat und noch immer versündigt. Die ruhig handelnden Araber durchziehen das Land und haben weit umher Kolonien gepflanzet. Doch ich vergesse, daß ich von der Bildung der Neger als von einer Organisation der Menschheit zu reden hatte; und wie gut wäre es, wenn die Naturlehre auf alle Varietäten unsres Geschlechts soviel Aufmerksamkeit verwendet hätte als auf diese! Ich setze einige Resultate ihrer Beobachtungen her. 1. Die schwarze Farbe der Neger ist nicht wunderbarer in ihrer Art als die weiße, braune, gelbe, rötliche andrer Nationen. Weder das Blut noch das Gehirn noch der Same der Neger ist schwarz, sondern das Netz unter der Oberhaut, das wir alle haben und das auch bei uns, wenigstens an einigen Teilen und unter manchen Umständen, mehr oder minder gefärbt ist. Camper hat dies erwiesen [73], und nach ihm haben wir alle die Anlage, Neger zu werden. Selbst bei den kalten Samojeden ist der Streif um die Brüste der Weiber bemerkt worden; der Keim der Negerschwärze konnte in ihrem Klima bloß nicht weiter entwickelt werden. 2. Es kommt also nur auf die Ursache an, die ihn hier entwickeln konnte, und da zeigt die Analogie sogleich abermals, daß Luft und Sonne einen großen Anteil daran haben müssen. Denn was macht uns braun? Was unterscheidet beinah in jedem Lande die beiden Geschlechter? Was hat die portugiesischen Stämme, die jahrhundertelang in Afrika gewohnt haben, den Negern an Farbe so ähnlich gemacht? Ja, was unterscheidet in Afrika die Negerstämme selbst so gewaltig? Das Klima, im weitesten Verstande des Wortes, so daß auch Lebensart und Nahrungsmittel darunter gehören. Genau in der Gegend, wo der Ostwind über das ganze feste Land hin die größte Hitze bringt, wohnen die schwärzesten Negerstämme; wo die Hitze abnimmt oder wo Seewinde sie kühlen, bleichet sich auch die Schwärze ins Gelbe. Auf kühlen Höhen wohnen weiße oder weißliche Völker; in niedern, eingeschlossenen Gegenden kocht auch die Sonne mehr das Öl aus, das unter der Oberhaut den schwarzen Schein giebet. Erwägen wir nun, daß diese Schwarzen jahrtausendelang in ihrem Weltteil gewohnt, ja durch ihre Lebensart sich demselben ganz einverleibet haben; bedenken wir, daß manche Umstände, die jetzt weniger wirken, in frühern Zeitaltern, da alle Elemente noch in ihrer ersten rohen Stärke waren, auch stärker gewirkt haben müssen und daß in Jahrtausenden gleichsam das ganze Rad der Zufälle umläuft, das, jetzt oder dann, alles entwickelt, was auf der Erde entwickelt werden kann, so wird uns die Kleinigkeit nicht wundern, daß die Haut einiger Nationen geschwärzt sei. Die Natur hat mit ihren fortgehenden, geheimen Wirkungen andre, viel größere Abartungen bewirkt als diese. 3. Und wie bewirkete sie diese kleine Veränderung? Mich dünkt, die Sache selbst zeiget's. Es ist ein Öl, womit sie diese Netzhaut färbte: der Schweiß der Neger und selbst der Europäer in diesen Gegenden färbet sich oft gelb; die Haut der Schwarzen ist ein dicker, weicher Sammet, nicht so gespannt und trocken wie die Haut der Weißen; also hat die Sonnenwärme ein Öl aus ihrem Innern gekocht, das so weit hervortrat, als es konnte, das ihre Haut erweichte und das Netz unter derselben färbte. Die meisten Krankheiten dieses Erdstrichs sind gallenartig; man lese die Beschreibung derselben [74], und die gelbe oder schwarze Farbe wird uns physiologisch und pathologisch nicht fremde dünken. 4. Das Wollenhaar der Neger erläutert sich eben daher. Da die Haare nur vom feinen Saft der Haut leben und sogar widernatürlich in der Fettigkeit sich erzeugen, so krümmen sie sich nach der Menge ihres Nahrungssaftes und sterben, wo dieser fehlet. Bei der gröbern Organisation der Tiere wird also in Ländern, wo ihre Natur leidet, mithin den zuströmenden Saft nicht verarbeiten kann, aus der Wolle ein sträubiges Haar; die feinere Organisation des Menschen, die für alle Klimate sein sollte, konnte umgekehrt durch den Überfluß dieses Öls, das die Haut feuchtet, das Haar zur Wolle verändern. 5. Ein mehreres aber als dies alles will die eigne Bildung der Glieder des menschlichen Körpers sagen, und mich dünkt, auch diese ist in der afrikanischen Organisation erklärlich. Die Lippen, die Brüste und die Geschlechtsglieder stehen so manchen physiologischen Erweisen nach in einem genauen Verhältnis, und da die Natur diese Völker, denen sie edlere Gaben entziehen mußte, dem einfachen Principium ihrer bildenden Kunst zufolge, mit einem desto reichern Maß des sinnlichen Genusses auszustatten hatte, so mußte sich dieses physiologisch zeigen. Die aufgeworfne Lippe wird auch bei weißen Menschen in der Physiognomik für das Zeichen eines sehr sinnlichen, so wie ein feiner Purpurfaden derselben für das Merkmal eines feinen und kalten Geschmackes gehalten, andre Erfahrungen zu geschweigen; was Wunder also, daß bei diesen Nationen, denen der sinnliche Trieb eine der Hauptglückseligkeiten ihres Lebens ist, sich auch von demselben äußere Merkmale zeigen? Ein Negerkind wird weiß geboren; die Haut um die Nägel, die Brustwarzen und die Geschlechtsteile färben sich zuerst, so wie der Anlage nach sich ebendieser Consensus der Glieder unter andern Völkern findet. Hundert Kinder sind dem Neger eine Kleinigkeit, und jener Alte bedauerte mit Tränen, daß er deren nur siebenzig habe. 6. Mit dieser ölreichen Organisation zur sinnlichen Wohllust mußte sich auch das Profil und der ganze Bau des Körpers ändern. Trat der Mund hervor, so ward eben dadurch die Nase stumpf und klein, die Stirn wich zurück, und das Gesicht bekam von fern die Ähnlichkeit der Konformation zum Affenschädel. Hiernach richtete sich die Stellung des Halses, der Übergang zum Hinterkopf, der ganze elastische Bau des Körpers, der bis auf Nase und Haut zum tierischen sinnlichen Genuß gemacht ist. [75] Wie in diesem Weltteil, als im Mutterlande der Sonnenwärme, die saftreichsten höchsten Bäume sich erzeugen, wie in ihm Herden der größesten, muntersten, kräftigsten Tiere und insonderheit die ungeheure Menge Affen ihr Spiel haben, so daß in Luft und Strömen, im Meer und im Sande alles von Leben und Fruchtbarkeit wimmelt, so konnte auch die sich organisierende menschliche Natur ihrem animalischen Teil nach nicht anders als diesem überall einfachen Principium der bildenden Kräfte folgen. Die feinere Geistigkeit, die dem Geschöpf unter dieser glühenden Sonne, in dieser von Leidenschaften kochenden Brust versagt werden mußte, ward ihm durch einen Fibernbau, der an jene Gefühle nicht denken ließ, erstattet. Lasset uns also den Neger, da ihm in der Organisation seines Klima kein edleres Geschenk werden konnte, bedauern, aber nicht verachten, und die Mutter ehren, die auch beraubend zu erstatten weiß. Sorglos verlebt er sein Leben in einem Lande, das ihm mit überfließender Freigebigkeit seine Nahrung darbeut. Sein geschlanker Körper plätschert im Wasser, als ob er fürs Wasser gemacht sei; er klettert und läuft, als ob jedes seine Lustübung wäre; und ebenso gesund und stark, als er munter und leicht ist, erträgt er durch seine andere Konstitution alle Unfälle und Krankheiten seines Klima, unter denen so viele Europäer erliegen. Was sollte ihm das quälende Gefühl höherer Freuden, für die er nicht gemacht war? Der Stoff dazu war in ihm da, aber die Natur wendete die Hand und erschuf das daraus, was er für sein Land und für die Glückseligkeit seines Lebens nötiger brauchte. Sie hätte kein Afrika schaffen müssen, oder in Afrika mußten auch Neger wohnen.
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Wolfgang
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