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Johann Gottfried Herder

Johann Gottfried

Herder

aus

Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit

Achtes Buch

III

Der praktische Verstand des Menschengeschlechts ist allenthalben unter Bedürfnissen der Lebensweise erwachsen; allenthalben aber ist er eine Blüte des Genius der Völker, ein Sohn der Tradition und Gewohnheit

Man ist gewohnt, die Nationen der Erde in Jäger,  Fischer, Hirten und Ackerleute abzuteilen und nach  dieser Abteilung nicht nur den Rang derselben in der  Kultur, sondern auch die Kultur selbst als eine notwendige Folge dieser oder jener Lebensweise zu bestimmen. Vortrefflich, wenn diese Lebens weisen zuerst nur selbst bestimmt wären; sie ändern sich aber  beinah mit jedem Erdstrich und verschlingen sich  meistens so sehr ineinander, daß die Anwendung der  reinen Klassifikation überaus schwer wird. Der Grönländer, der den Walfisch trifft, das Renntier jagt, den  Seehund tötet, ist Fischer und Jäger, aber auf ganz  andre Weise, als der Neger Fische fängt oder der Arauker auf den Wüsteneien der Andes jaget.

Der Beduin und der Mongole, der Lappe und Peruaner sind Hirten; wie verschieden aber voneinander, wenn jener Kamele, dieser Pferde, der dritte Renntiere, der vierte Alpakas und Lacmas weidet. Der  Ackermann in Whidah und der Japanese sind einander so unähnlich als im Handel der Engländer und Sinese.

Ebensowenig scheint auch das Bedürfnis allein,  selbst wenn Kräfte gnug in der Nation da sind, die auf ihre Entwicklung warten, Kultur hervorbringen zu  können; denn sobald sich die Trägheit des Menschen  mit seinem Mangel abgefunden und beide das Kind  hervorgebracht haben, das er Behaglichkeit nennt,  verharret der Mensch in seinem Zustande und läßt  sich kaum mit Mühe zur Verbesserung treiben. Es  kommt also noch auf andre einwirkende Ursachen an,  die die Lebensart eines Volks so oder anders bestimmten; hier indessen nehmen wir sie als bestimmt  an und untersuchen, was sich in verschiednen derselben für tätige Seelenkräfte äußern.

Menschen, die sich von Wurzeln, Kräutern und  Früchten nähren, werden, wenn nicht besondre Triebfedern der Kultur dazukommen, lange müßig und an  Kräften eingeschränkt bleiben. In einem schönen  Klima und von einem milden Stamm entsprossen, ist  ihre Lebensart milde; denn warum sollten sie streiten,  wenn ihnen die reiche Natur alles ohne Mühe darbeut? Mit Künsten und Erfindungen aber reichen sie  auch nur an das tägliche Bedürfnis. Die Einwohner  der Inseln, die die Natur mit Früchten, insonderheit  mit der wohltätigen Brotfrucht nährte und unter einem schönen Himmel mit Rinden und Zweigen kleidete,  lebten ein sanftes, glückliches Leben. Die Vögel, sagt die Erzählung, saßen auf den Schultern der Marianen  und sangen ungestört; Bogen und Pfeile kannten sie  nicht, denn kein wildes Tier foderte sie auf, sich ihrer  Haut zu wehren. Auch das Feuer war ihnen fremde;  ihr mildes Klima ließ sie ohne dasselbe behaglich  leben. Ein ähnlicher Fall war's mit den Einwohnern  der Karolinen und andrer glücklichen Inseln des Südmeers, nur daß in einigen die Kultur der Gesellschaft  schon höher gestiegen war und aus mancherlei Ursachen mehrere Künste und Gewerbe vereint hatte. Wo  das Klima rauher wird, müssen die Menschen auch zu härtern und mehreren Lebensarten ihre Zuflucht nehmen. Der Neuholländer verfolgt sein Känguruh und  Opossum; er schießt Vögel, fängt Fische, ißt Yamwurzeln; er hat soviel Lebensarten vereinigt, als die  Sphäre seiner rauhen Behaglichkeit fodert, bis diese  sich gleichsam ründet und er nach seiner Weise in ihr  glücklich lebet. So ist's mit den Neukaledoniern und  Neuseeländern, die armseligen Feuerländer selbst  nicht ausgenommen Sie hatten Kähne von Baumrinden, Bogen und Pfeile, Korb und Tasche, Feuer und  Hütte, Kleider und Hacken: also die Anfänge von  allen den Künsten, womit die gebildetsten Erdvölker  ihre Kultur vollendet haben; nur bei ihnen, unter dem  Joch der drückenden Kälte, im ödesten Felsenlande,  ist alles noch der roheste Anfang geblieben. Die Kalifornier beweisen soviel Verstand, als ihr Land und  ihre Lebensart gibt und fodert. So ist's mit den Einwohnern auf Labrador und mit allen Menschennationen am dürftigen Rande der Erde. Allenthalben haben sie sich mit dem Mangel versöhnt und leben in ihrer  erzwungenen Tätigkeit durch erbliche Gewohnheit  glücklich. Was nicht zu ihrer Notdurft gehört, verachten sie; so gelenk der Eskimo auf dem Meer rudert, so hat er das Schwimmen noch nicht gelernet.

Auf dem großen festen Lande unsrer Erdkugel  drängen sich Menschen und Tiere mehr zusammen:  der Verstand jener ward also durch diese auf mannigfaltigere Weise geübet. Freilich mußten die Bewohner mancher Sümpfe in Amerika auch zu Schlangen und  Eidechsen, zum Iguan, Armadill und Alligator ihre  Zuflucht nehmen; die meisten Nationen aber wurden  Jagdvölker auf edlere Art. Was fehlt einem Nord- und Südamerikaner an Fähigkeit zum Beruf seines Lebens? Er kennt die Tiere, die er verfolgt, ihre Wohnungen, Haushaltungen und Listen und wappnet sich  gegen sie mit Stärke, Verschlagenheit und Übung.  Zum Ruhm eines Jägers, wie in Grönland eines Seehundfängers, wird der Knabe erzogen; hievon hört er  Gespräche, Lieder, rühmliche Taten, die man ihm  auch in Gebärden und begeisternden Tänzen vormalet. Von Kindheit auf lernt er Werkzeuge verfertigen  und sie gebrauchen; er spielt mit den Waffen und verachtet die Weiber; denn je enger der Kreis des Lebens und je bestimmter das Werk ist, in dem man Vollkommenheit sucht, desto eher wird diese erhalten.  Nichts also störet den strebenden Jüngling in seinem  Lauf, vielmehr reizt und ermuntert ihn alles, da er im  Auge seines Volks, im Stande und Beruf seiner Väter  lebet. Wenn jemand ein Kunstbuch von den Geschicklichkeiten verschiedner Nationen zusammentrüge, so würde er solche auf unserm Erdboden zerstreuet und jede an ihrem Platz blühend finden. Hier  wirft sich der Neger in die Brandung, in die sich kein  Europäer wagt; dort klettert er auf Bäume, wo ihn  unser Auge kaum erreicht. Jener Fischer treibt sein  Werk mit einer Kunst, als ob er die Fische beschwüre; dieser Samojede begegnet dem weißen Bär  und nimmt's mit ihm auf; jenem Neger sind zwei  Löwen nicht zuviel, wenn er Stärke und List verbindet. Der Hottentotte geht aufs Nasehorn und Flußpferd los; der Bewohner der Kanarieninseln gleitet auf den steilsten Felsen umher, die er wie ein Gems bespringet; die starke, männliche Tibetanerin trägt den  Fremden über die ungeheuersten Berge der Erde. Das  Geschlecht des Prometheus, das aus den Teilen und  Trieben aller Tiere zusammengesetzt ward, hat diese  auch allesamt, das eine hie, das andre dort, an Künsten und Geschicklichkeiten überwunden, nachdem es diese alle von ihnen gelernet.

Daß die meisten Künste der Menschen von Tieren  und der Natur gelernt sind, ist außer Zweifel. Warum  kleidet sich der Mariane in Baumhüllen, und der  Amerikaner und Papu schmücket sich mit Federn?  Weil jener mit Bäumen lebt und von ihnen seine Nahrung holt; dem Amerikaner und Papu sind die bunten  Vögel seines Landes das Schönste, das er siehet. Der  Jäger kleidet sich wie sein Wild und bauet wie sein  Biber; andre Völker hangen wie Vögel auf den Bäumen oder machen sich auf der Erde ihre Hütten wie  Nester. Der Schnabel des Vogels war dem Menschen  das Vorbild zu Spieß und Pfeilen wie die Gestalt des  Fisches zu seinem künstlich schwimmenden Boot.  Von der Schlange lernte er die schädliche Kunst,  seine Waffen zu vergiften; und die sonderbar weit  verbreitete Gewohnheit, den Körper zu malen, war  ebenfalls nach dem Vorbilde der Tiere und Vögel.  'Wie?' dachte er, 'diese sollten so schön geziert, so  unterschieden geschmückt sein, und ich müßte mit  einförmiger, blasser Farbe umhergehn, da mein Himmel und meine Trägheit keine Decken leidet?' Und so fing er an, sich symmetrisch zu sticken und zu malen;  selbst bekleidete Nationen wollten dem Ochsen sein  Horn, dem Vogel den Kamm, dem Bären den  Schwanz nicht gönnen und ahmten sie nach Dankbar  rühmen es die Nordamerikaner, daß ein Vogel ihnen  den Mais gebracht; und die meisten klimatischen Arzneien sind offenbar den Tieren abgelernet. Allerdings  gehörte zu diesem allen der sinnliche Geist freier Naturmenschen, die, mit diesen Geschöpfen lebend, sich  noch nicht so unendlich erhaben über sie glaubten.  Den Europäern ward es schwer, in andern Weltteilen  nur aufzufinden, was die Eingebornen täglich nützten; nach langen Versuchen mußten sie doch von jenen  das Geheimnis erst erzwingen oder erbetteln.

Ungleich weiter aber kam der Mensch dadurch, daß er Tiere zu sich lockte und sie endlich unterjochte; der ungeheure Unterschied nachbarlicher Nationen, die  mit oder ohne diese Substituten ihrer Kräfte leben, ist  augenscheinlich. Woher kam's, daß das entlegne  Amerika dem größesten Teil der Alten Welt bei Entdeckung desselben noch so weit nachstand und die  Europäer mit den Einwohnern wie mit einer Herde  unbewehrter Schafe umgehen konnten? An körperlichen Kräften lag es nicht allein, wie noch jetzt die  Beispiele aller ungezählten Waldnationen zeigen; im  Wuchs, in schnellem Lauf, in rascher Gewandtheit  übertreffen sie, Mann gegen Mann gerechnet, die meisten der Nationen, die um ihr Land würfeln. An Verstandeskraft, sofern sie für einen einzelnen Menschen  gehört, lag es auch nicht; der Amerikaner hatte für  sich zu sorgen gewußt und mit Weib und Kindern  glücklich gelebet. Also lag es an Kunst, an Waffen,  an gemeinsamer Verbindung, am meisten aber an bezähmten Tieren. Hätte der Amerikaner das einzige  Pferd gehabt, dessen kriegerische Majestät er zitternd  anerkannte, wären die wütenden Hunde sein gewesen, die die Spanier als mitbesoldete Diener der katholischen Majestät auf ihn hetzten die Eroberung hätte  mehr gekostet, und den reitenden Nationen wäre wenigstens der Rückzug auf ihre Berge, in ihre Wüsten  und Ebnen offengeblieben. Noch jetzt, erzählen alle  Reisende, mache das Pferd den größesten Unterschied der amerikanischen Völker. Die Reiter in Nord-, insonderheit in Südamerika stehen von den armen Unterjochten in Mexiko und Peru so gewaltig ab, daß  man sie kaum für nachbarliche Brüder eines Erdstrichs erkennen sollte. Jene haben sich nicht nur in  ihrer Freiheit erhalten, sondern an Körper und Seele  sind sie auch mannhaftere Menschen worden, als sie  wahrscheinlich bei Entdeckung des Landes waren.  Das Roß, das die Unterdrücker ihrer Brüder ihnen als  unwissende Werkzeuge des Schicksals zubrachten,  kann vielleicht einst der Befreier ihres ganzen Welt- teils werden, wie die andern bezähmten Tiere, die  man ihnen zuführte, zum Teil schon jetzt für sie  Werkzeuge eines bequemern Lebens worden sind und wahrscheinlich einst Hilfsmittel einer eignen westlichen Kultur werden dürften. Wie dies aber allein in  den Händen des Schicksals ruhet, so kam es aus  seinen Händen und lag in der Natur des Weltteils, daß sie so lange weder Pferd noch Esel, weder Hund noch  Rind, weder Schaf noch Ziege noch Schwein noch  Katze noch Kamel kannten. Sie hatten weniger Tiergattungen, weil ihr Land kleiner, von der Alten Welt  getrennt und einem großen Teil nach wahrscheinlich  später aus dem Schoß des Meers gestiegen war als die andern Weltteile; sie konnten also auch weniger zähmen. Das Alpaka und Lacma, die Kamelschafe von  Mexiko, Peru und Chili waren die einzigen zähmbaren und bezähmten Geschöpfe; denn auch die Europäer haben mit ihrem Verstande kein andres hinzufügen  und weder den Kiki noch Pagi, weder den Tapir noch  Ai zum nützlichen Haustier umbilden können.

In der Alten Welt dagegen, wieviel sind der bezähmten Tiere! und wieviel sind sie dem tätigen Verstande des Menschengeschlechts worden! Ohne  Kamel und Pferd wäre die arabische und afrikanische  Wüste unzugangbar; das Schaf und die Ziege haben  der häuslichen Verfassung der Menschen, das Rind  und der Esel dem Ackerbau und Handel der Völker  aufgeholfen. Im einfachen Zustande lebte das Menschengeschöpf freundlich und gesellig mit diesen Tieren; schonend ging es mit ihnen um und erkannte, was es ihnen zu danken habe. So lebt der Araber und Mongole mit seinem Roß, der Hirt mit seinem Schaf, der  Jäger mit seinem Hunde, der Peruaner mit seinem  Lacma [147]. Bei einer menschlichen Behandlung gedeihen auch, wie allgemein bekannt ist, alle Hilfsgeschöpfe der menschlichen Lebensweise besser; sie lernen den Menschen verstehn und ihn lieben; es entwickeln sich bei ihnen Fähigkeiten und Neigungen,  von denen weder das wilde noch das von Menschen  unterdrückte Tier weiß, das in feister Dummheit oder  in abgenutzter Gestalt selbst die Kräfte und Triebe  seiner Gattung verlieret. In einem gewissen Kreise  haben sich also Menschen und Tiere zusammen gebildet; der praktische Verstand jener hat sich durch  diese, die Fähigkeit dieser hat sich durch jene gestärkt und erweitert. Wenn man von den Hunden der Kamtschadalen lieset, so weiß man kaum, wer das vernünftigere Geschöpf sei, ob der Hund oder der Kamtschadale.

In dieser Sphäre nun steht der erste tätige Verstand  des Menschen still, ja allen Nationen, die an sie gewöhnt waren, ist's, sie zu verlassen, schwer worden;  insonderheit hat sich jede vor der unterjochenden  Herrschaft des Ackerbaues gefürchtet. So schöne  Wiesenstriche Nordamerika hat, so genau jede Nation ihr Eigentum liebt und beschützt, ja so sehr manche  durch die Europäer den Wert des Geldes, des Branntweins und einiger Bequemlichkeiten kennengelernt  haben, so sind's doch nur die Weiber, denen sie die  Bearbeitung des Feldes, den Bau des Maises und  einiger Gartenfrüchte sowie die ganze Besorgung der  Hütte überlassen; der kriegerische Jäger hat sich nicht entschließen können, ein Gärtner, Hirt oder Ackermann zu werden. Das tätige, freie Leben der Natur  geht dem Sogenannt-Wilden über alles: mit Gefahren  umringt, weckt es seine Kräfte, seinen Mut, seinen  Entschluß und lohnt ihn dafür mit Gesundheit im  Leben, in seiner Hütte mit unabhängiger Ruhe, in seinem Stamm mit Ansehen und Ehre. Weiter begehret,  weiter bedarf er nichts; und was könnte ihm auch ein  andrer Zustand, dessen Bequemlichkeiten er nicht  kennet und dessen Beschwerden er nicht mag, für  neue Glückseligkeit geben? Man lese so manche unverschönte Rede derer, die wir Wilde nennen: ist nicht gesunder Verstand sowie natürliche Billigkeit in  ihnen unverkennbar? Die Form des Menschen ist auch in diesem Zustande, obwohl mit roher Hand und zu  wenigen Zwecken, dennoch so weit ausgebildet, als  sie hier ausgebildet werden konnte, zur gleichmütigen Zufriedenheit nämlich und, nach einer dauerhaften  langen Gesundheit, zum ruhigen Abschied aus diesem Leben. Der Beduin und Abipone befindet sich in seinem Zustande wohl; jener schauert vorm Leben der  Städte, wie der letzte vorm Begräbnis in der Kirche  noch nach seinem Tode zurückbebt: seinem Gefühl  nach wären sie dort wie hier lebend begraben.

Auch wo der Ackerbau eingeführt ist, hat es Mühe  gekostet, die Menschen an einen Erdkloß zu befestigen und das Mein und Dein einzuführen; manche  Völker kleiner kultivierter Negerkönigreiche haben  noch bis jetzt keine Begriffe davon, da, wie sie sagen, die Erde ein gemeines Gut ist. Jährlich teilen sie die  Äcker unter sich aus und bearbeiten sie mit leichter  Mühe; ist die Ernte eingebracht, so gehöret der Boden sich selbst wieder. Überhaupt hat keine Lebensart in  der Gesinnung der Menschen so viele Veränderungen  bewirkt als der Ackerbau auf einem bezirkten Stück  Erde. Indem er Hantierungen und Künste, Flecken  und Städte hervorbrachte und also Gesetze und Polizei befördern mußte, hat er notwendig auch jenem  fürchterlichen Despotismus den Weg geöffnet, der, da er jeden auf seinem Acker zu finden wußte, zuletzt  einem jeden vorschrieb, was er auf diesem Stück Erde allein tun und sein sollte Der Boden gehörte jetzt  nicht mehr dem Menschen, sondern der Mensch dem  Boden. Durch den Nichtgebrauch verlor sich auch  bald das Gefühl der gebrauchten Kräfte; in Sklaverei  und Feigheit versunken, ging der Unterjochte vom arbeitseligen Mangel zur weichen Üppigkeit über. 

Daher kommt's, daß auf der ganzen Erde der Zeltbewohner den Bewohner der Hütte wie ein gefesseltes  Lasttier, wie eine verkümmerte Abart seines Geschlechts betrachtet. Der herbste Mangel wird jenem  eine Lust, solange Selbstbestimmung und Freiheit ihn würzet und lohnet; dagegen alle Leckereien Gift sind,  sobald sie die Seele erschlaffen und dem sterblichen  Geschöpf den einzigen Genuß seines hinfälligen Lebens, Würde und Freiheit, rauben.

Glaube niemand, daß ich einer Lebensart, die die  Vorsehung zu einem ihrer vornehmsten Mittel gebraucht hat, die Menschen zur bürgerlichen Gesellschaft zu bereiten, etwas von ihrem Wert rauben  wolle; denn auch ich esse Brot der Erde. Nur lasse  man auch andern Lebensarten Gerechtigkeit widerfahren, die der Beschaffenheit unsrer Erde nach ebenso- wohl zu Erzieherinnen der Menschheit bestimmt sind  als das Leben der Ackerleute. Überhaupt bauet der  kleinste Teil der Erdbewohner den Acker nach unsrer  Weise, und die Natur hat ihm sein anderweites Leben  selbst angewiesen. Jene zahlreiche Völkerschaften,  die von Wurzeln, vom Reis, von Baumfrüchten, von  der Jagd des Wassers, der Luft und der Erde leben,  die ungezählten Nomaden, wenn sie sich gleich jetzo  etwa nachbarliches Brot kaufen oder etwas Getreide  bauen, alle Völker, die den Landbau ohne Eigentum  oder durch ihre Weiber und Knechte treiben, sind alle  noch eigentlich nicht Ackerleute; und welch ein kleiner Teil der Erde bleibt also dieser künstlichen Lebensart übrig! Nun hat die Natur entweder allenthalben ihren Zweck erreicht, oder sie erreichte ihn nirgend. Der praktische Verstand der Menschen sollte in  allen Varietäten aufblühen und Früchte tragen, darum  ward dem vielartigsten Geschlecht eine so vielartige  Erde.

 

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