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Johann Gottfried Herder

Johann Gottfried

Herder

aus

Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit

Vierzehntes Buch

IV

Roms Verfall

Das Gesetz der Wiedervergeltung ist eine ewige Naturordnung. Wie bei einer Waage keine Schale niedergedrückt werden kann, ohne daß die andere höher steige, so wird auch kein politisches Gleichgewicht gehoben, kein Frevel gegen die Rechte der Völker und der gesamten Menschheit verübt, ohne daß sich derselbe räche und das gehäufte Übermaß selbst sich einen desto schrecklichem Sturz bewirke. Wenn eine Geschichte uns diese Naturwahrheit zeigt, so ist's die römische Geschichte; man erweitere aber seinen Blick und feßle ihn nicht auf eine einzelne Ursache des römischen Verderbens. Hätten die Römer auch Asien und Griechenland nie gesehen und gegen andere, ärmere Länder nach ihrer Weise verfahren, ohne Zweifel wäre ihr Sturz zu anderer Zeit, unter andern Umständen, dennoch aber unvermeidlich gewesen. Der Keim der Verwesung lag im Innern des Gewächses; der Wurm nagte an seiner Wurzel, an seinem Herzen, und so mußte auch der riesenhafte Baum endlich sinken.

1. Im Innern der Verfassung Roms lag ein Zwiespalt, der, wenn er nicht gehoben wurde, den Untergang desselben früher oder später bewirken mußte: es war die Einrichtung des Staats selbst, die unbilligen oder unsichern Grenzen zwischen dem Rat, der Ritterschaft und den Bürgern. Unmöglich hatte Romulus alle künftigen Fälle seiner Stadt voraussehen können, als er diese Einteilung machte; er schuf sie nach seinen Umständen und nach seinem Bedürfnis; da dies sich änderte, fand schon er den Tod durch die, denen sein Ansehen zu lästig wurde. Keiner von seinen Nachfolgern hatte Herz oder Bedürfnis, das zu tun, was Romulus nicht getan hatte; sie überwogen die Gegenpartei mit ihrer Person und lenkten in einem mit Gefahren umgebnen, rohen Staat beide Teile. Servius musterte das Volk und gab das meiste Gewicht den Reichsten in die Hände. Unter den ersten Konsuls drängten die Gefahren zu sehr; es leuchteten auch zu große, starke, verdiente Männer unter den Patriziern hervor, als daß das rohere Volk nicht hätte folgen müssen. Bald aber änderten sich die Umstände, und der Druck der Edlen wurde unerträglich. Die Schuldenlast ging den Bürgern über ihr Haupt; sie nahmen zuwenig an der Gesetzgebung, zuwenig am Siege teil, den sie doch selbst erfechten mußten, und so entwich das Volk auf den heiligen Berg, so entstanden Streitigkeiten, die die Ernennung der Tribunen nicht heben, sondern nur vervielfältigen konnte, die sich also auch durch die ganze Geschichte Roms fortweben. Daher der lange, so oft verjüngte Streit über Austeilung der Acker, über Teilnehmung des Volks an obrigkeitlichen, konsularischen, gottesdienstlichen Würden, bei weichen Streitigkeiten jede Partei für ihr Eignes stritt und niemand das Ganze unparteiisch einrichten mochte. Bis unter die Triumvirate hat dieser Zwist gedauert; ja die Triumvirate selbst waren nur dessen Folgen. Da diese nun der ganzen römischen Verfassung ein Ende machten und jener Zwist beinahe so alt wie die Republik war, so sieht man, daß es keine äußere, sondern eine innere Ursache war, die vom Anfange an am Keim des Staats nagte. Sonderbar scheint es daher, wenn man die römische Staatsverfassung als die vollkommenste schildert, sie, die eine der unvollkommensten auf der Welt, aus rohen Zeitumständen entstanden, nachher nie mit einem Blick aufs Ganze verbessert, sondern immer nur parteiisch so und anders geformt war. Der einzige Cäsar hätte sie ganz bessern mögen; es war aber zu spät, und die Dolchstiche, die ihn töteten, kamen jedem Entwurf einer bessern Einrichtung zuvor.

2. Es liegt ein Widerspruch in dem Grundsatz: Rom, die Königin der Nationen, Rom, die Beherrscherin der Welt; denn Rom war nur eine Stadt, und ihre Einrichtung eine Stadteinrichtung. Zwar trug es allerdings zur hartnäckigen Bekriegung der Völker, mithin zu seinen langen Siegen bei, daß Roms Kriegsentschlüsse die Entschlüsse eines unsterblichen Senats, nicht eines sterblichen Monarchen waren, weil sich der Geist seiner weltverderblichen Maximen in einem Kollegium notwendig mehr als in einer wandelbaren Reihe von Beherrschern erhalten mußte. Ja, da Senat und Volk fast immer in Spannung gegeneinander standen und jener bald dem unruhigen Haufen, bald einem unruhigen Kopf Kriege schaffen und auswärts zu tun geben mußte, damit inwendig die Ruhe gesichert bliebe, so trug auch diese daurende Spannung allerdings zur fortgesetzten Weltstörung viel bei. Endlich, da der Senat selbst zu seiner Aufrechthaltung oft nicht nur Siege oder Siegsgerüchte, sondern selbst harte drohende Gefahren nötig hatte und jeder kühne Patrizier, der durchs Volk wirken wollte, Geschenke, Spiele, Namen, Triumphe bedurfte, welches alles ihm allein oder vorzüglich der Krieg gewähren konnte: freilich, so gehörte diese vielgeteilte, unruhige Stadtregierung dazu, die Welt in Unruhe zu setzen und sie Jahrhunderte darin zu erhalten; denn kein geordneter, mit sich selbst friedlicher Staat hätte um seiner eignen Glückseligkeit willen der Erde dies schreckliche Schauspiel gegeben. Ein anderes ist's aber, Eroberungen machen und sie erhalten, Siege erfechten und sie zum Nutzen des Staats gebrauchen. Das letzte hat Rom seiner innern Einrichtung wegen nie gekonnt, und auch das erste vermochte es nur durch Mittel, die der Verfassung einer Stadt völlig entgegen waren. Schon die ersten Könige, die auf Eroberungen ausgingen, waren genötigt, einige überwundene Städte und Völker in die Mauern Roms zu nehmen, damit der schwache Raum Wurzel und Stamm erhielt, der so ungeheure Aste treiben wollte; die Zahl der Einwohner Roms wuchs also schrecklich. Nachher schloß die Stadt Bündnisse, und die Bundsverwandten zogen mit ihr zu Felde; sie nahmen also an ihren Siegen und Eroberungen teil und waren Römer, wenn sie gleich noch nicht römische Bürger oder Einwohner der Stadt waren. Bald also entglommen jene heftige Streitigkeiten, daß auch den Bundsgenossen das Bürgerrecht Roms zukomme: eine unvermeidliche Federung, die in der Natur der Sache selbst lag. Aus ihr entstand der erste bürgerliche Krieg, der Italien dreihunderttausend seiner Jünglinge kostete und Rom, das sogar seine Freigelassenen bewaffnen mußte, an die Grenzen des Unterganges brachte; denn es war ein Krieg zwischen Haupt und Gliedern, der nicht anders als damit endigen konnte, daß künftig auch die Glieder zu diesem unförmlichen Haupt gehören sollten. Nun war ganz Italien Rom, und es verbreitete sich, zur großen Verwirrung der Welt, immer weiter. Ich will nicht daran denken, was diese Romanisierung für gerichtliche Unordnung in alle Städte Italiens brachte, und nur das Übel bemerken, das fortan aus allen Gegenden und Enden in Rom selbst zusammenfloß. Wenn vorher schon alles nach dieser Stadt drängte und die Tafeln des Zensus so wenig rein gehalten werden konnten, daß es sogar einen Konsul gab, der kein römischer Bürger war: wie denn jetzt, da das Haupt der Welt ein Gedränge aus ganz Italien, mithin das ungeheuerste Haupt war, das je die Erde getragen. Gleich nach des Sulla Tode waren die Herren der Erde vierhundertfunfzigtausend Mann stark; bei der Aufnahme der Bundesgenossen stieg ihre Zahl ungleich höher, und zu Cäsars Zeiten fanden sich dreihundertzwanzigtausend, die bei öffentlichen Austeilungen Korn begehrten. Man denke sich diesen ungestümen und einem großen Teil nach müßigen Hauten bei Stimmversammlungen, in Begleitung seiner Patrone und derer, die sich um Ehrenämter bewarben, so wird man begreifen, wie durch Geschenke, Spiele, Prachtaufzüge, Schmeicheleien, am meisten endlich durch Soldatengewalt, die Meutereien in Rom gestiftet, die Blutbäder angerichtet, die Triumvirate gegründet werden konnten, die jene stolze Beherrscherin der Welt endlich zur Sklavin ihrer selbst machten. Wo war nun das Ansehen des Senats, einer Zahl von vier- bis sechshundert Personen, gegen diese zahllose Menge, die Herrenrecht verlangte und in gewaltigen Heeren bald diesem, bald jenem zu Gebot stand? Welche arme Gestalt spielte der Gott Senat, wie ihn die schmeichlerischen Griechen nannten, gegen Marius und Sulla, Pompejus und Cäsar, Antonius und Oktavius! die Kaiserwütriche noch ungerechnet. Der Vater des Vaterlandes, Cicero, erscheint in armer Gestalt, wenn ihn auch nur ein Clodius angreift; seine besten Ratschläge gelten wenig, nicht nur gegen das, was Pompejus, Cäsar, Antonius u. a. wirklich taten, sondern was selbst ein Catilina beinah zustande gebracht hätte. Nicht von den Gewürzen Asiens, nicht von der Weichlichkeit Luculls entsprang dieses Mißverhältnis, sondern von der Grundverfassung Roms, da es als eine Stadt das Haupt der Welt sein wollte. [239]

3. Aber es gab nicht nur Senat und Volk in Rom, sondern auch Sklaven, und zwar deren eine um so größere Menge, je mehr die Römer Herren der Welt wurden. Durch Sklaven bearbeiteten sie ihre weitläuftigen, reichen Äcker in Italien, Sizilien, Griechenland u. f.; eine Menge Sklaven war ihr häuslicher Reichtum, und der Handel mit ihnen, ja die Abrichtung derselben war ein großes Gewerbe Roms, dessen sich auch Cato nicht schämte. Längst waren nun die Zeiten vorüber, da der Herr mit seinem Knecht fast brüderlich umging und Romulus das Gesetz geben konnte, daß ein Vater seinen eignen Sohn dreimal zum Knecht verkaufen dürfe; die Sklaven der Weltüberwinder waren aus allen Gegenden der Erde zusammengetrieben und wurden von gütigen Herren gelinde, von unbarmherzigen oft als Tiere behandelt. Ein Wunder wäre es gewesen, wenn aus diesem ungeheuren Haufen unterdrückter Menschen den Römern kein Schade hätte zuwachsen sollen; denn wie jede böse Einrichtung, so mußte auch diese notwendig sich selbst rächen und strafen. Mitnichten war diese Rache allem jener blutige Sklavenkrieg, den Spartakus mit Feldherrnmut und Klugheit drei Jahre lang gegen die Römer führte: von 74 stieg sein Anhang bis zu 70000 Mann; er schlug verschiedene Feldherren, selbst zween Konsuls, und es wurden viel Greuel verübt. Der größere Schade war der, der durch die Lieblinge ihrer Herren, die Freigelassenen, entstand, durch welche Rom zuletzt im eigentlichsten Verstande eine Sklavin der Sklaven wurde. Schon zu Sulla Zeiten fing dieses Übel an, und unter den Kaisern mehrte es sich so schrecklich, daß ich nicht imstande bin, die Unordnungen und Greuel zu schildern, die durch Freigelassene und Lieblingsknechte entstanden.

Geschichte und Satiren der Römer sind davon voll; kein wildes Volk auf der Erde kennt dergleichen. So wurde Rom durch Rom gestraft; die Unterdrücker der Welt wurden der verruchtesten Sklaven demütige Knechte.

4. Endlich kam allerdings der Luxus dazu, dem Rom zu seinem Unglück so bequem lag, als ihm zu seinen Welteroberungen allerdings auch seine Lage geholfen hatte. Wie aus einem Mittelpunkt beherrschte es das Mittelländische Meer, mithin die reichsten Küsten dreier Weltteile; ja, über Alexandrien zog es durch ansehnliche Flotten die Kostbarkeiten Äthiopiens und des äußersten Indiens an sich. Meine Worte reichen nicht hin, jene rohe Verschwendung und Üppigkeit zu schildern, die seit der Eroberung Asiens in Gastmahlen und Spielen, in Leckerbissen und Kleidern, in Gebäuden und Hausgerät nicht nur in Rom selbst, sondern in allem, was zu ihm gehörte, herrschte. [240] Man traut seinen Augen nicht, wenn man die Beschreibungen dieser Dinge, den hohen Preis ausländischer Kostbarkeiten und mit der Verschwendung darin zugleich die Schuldenlast der großen Römer, welches zuletzt Freigelassene und Sklaven waren, lieget. Notwendig zog dieser Aufwand die bitterste Armut nach sich, ja er war an sich schon eine elende Armut. Jene Goldquellen, die jahrhundertelang in Rom aus allen Provinzen zusammenflossen, mußten endlich versiegen, und da der ganze Handel der Römer ihnen im höchsten Grad nachteilig war, indem sie Überfluß kauften und Geld hingaben, so ist's nicht zu verwundern, daß Indien allein ihnen jährlich eine ungeheure Summe fraß. Dabei verwilderte das Land: der Ackerbau wurde nicht mehr, wie einst von den alten Römern und ihren Zeitgenossen in Italien, getrieben; die Künste Roms gingen auf das Entbehrliche, nicht auf das Nützliche, auf ungeheure Pracht und Aufwand in Triumphbogen, Bädern, Grabmälern, Theatern, Amphitheatern u. f..

Wundergebäude, die freilich allein diese Plünderer der Welt aufführen konnten. In keiner nützlichen Kunst, in keinem Nahrungszweige der menschlichen Gesellschaft hat je ein Römer etwas erfunden, geschweige daß er damit andern Nationen hätte dienen und von ihnen gerechten und bleibenden Vorteil ziehen mögen. Bald also verarmte das Reich: das Geld wurde schlecht, und schon im dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung bekam ein Feldherr nach diesem schlechtem Gelde kaum das zur Belohnung, was zu den Zeiten Augusts für den gemeinen Soldaten zu gering war. Lauter natürliche Folgen des Laufs der Dinge, die, auch bloß als Handel und Gewerb berechnet, nicht anders als also folgen konnten. Zugleich nahm aus eben diesen verderblichen Ursachen das menschliche Geschlecht ab, nicht nur an Anzahl, sondern auch an Größe, Wuchs und innern Lebenskräften. Eben das Rom und Italien das die volkreichsten, blühendsten Länder der Welt, Sizilien, Griechenland, Spanien, Asien, Afrika und Ägypten, zu einer halben Einöde gemacht hatte, zog durch seine Gesetze und Kriege, noch mehr aber durch seine verderbte, müßige Lebensart, durch seine ausschweifenden Laster, durch die Verstoßung der Weiber, Härte gegen die Sklaven und späterhin durch die Tyrannei gegen die edelsten Menschen sich selbst den natürlich- unnatürlichsten Tod zu. Jahrhunderte hin liegt das kranke Rom in schrecklichen Zuckungen auf seinem Siechbette; das Siechbett ist über eine ganze Welt ausgebreitet, von der es sich seine süßen Gifte erpreßt hat; sie kann ihm jetzt nicht anders helfen, als daß sie seinen Tod befördere. Barbaren kommen herzu, nordische Riesen, denen die entnervten Römer wie Zwerge erscheinen; sie verwüsten Rom und geben dem ermatteten Italien neue Kräfte. Ein fürchterlich- gütiger Erweis, daß alle Ausschweifung in der Natur sich selbst räche und verzehre! Dem Luxus der Morgenländer haben wir es Dank, daß die Welt früher von einem Leichnam befreit wurde, der durch Siege in andern Weltgegenden zwar auch, wahrscheinlich aber nicht so bald und so schrecklich, in die Verwesung gegangen wäre.

5. Jetzt sollte ich alles zusammenfassen und die große Ordnung der Natur entwickeln, wie auch ohne Luxus, ohne Pöbel, Senat und Sklaven der Kriegesgeist Roms allein sich zuletzt selbst verderben und das Schwert in seine Eingeweide kehren mußte, das er so oft auf unschuldige Städte und Nationen gezuckt hatte; hierüber aber spricht statt meiner die laute Geschichte. Was sollten die Legionen, die, ungesättigt vom Raube, nichts mehr zu rauben fanden, vielmehr an den parthischen und deutschen Grenzen das Ende ihres Ruhms sahen: was sollten sie tun, als zurückkehrend ihre Mutter selbst würgen? Schon zu Marius und Sulla Zeiten fing dies schreckliche Schauspiel an; anhängend ihrem Feldherrn oder von ihm bezahlt, rächten die wiederkommenden Heere ihren Feldherrn an seiner Gegenpartei mitten im Vaterlande, und Rom floß von Blut über. Dies Schauspiel dauerte fort. Indem Pompejus und Cäsar in dem Lande, wo einst die Musen gesungen und Apollo als Schäfer geweidet, teuer gemietete Heere gegeneinander führten, wurde in dieser Ferne, von Römern, die gegen Römer fochten, das Schicksal ihrer Mutterstadt entschieden. So ging es bei dem grausamen Vergleich der Triumvirs zu Modena, der in einem Verzeichnis dreihundert Ratsglieder und zweitausend Ritter der Acht und dem Tode preisgab und zweihunderttausend Talente meistens aus Rom und von den Weibern selbst erpreßte. So nach der Schlacht bei Philippi, in welcher Brutus fiel; so vor dem Kriege gegen den zweiten Pompejus, den edleren Sohn eines großen Vaters; so nach der Schlacht bei Aktium u. f.

Vergebens, daß der schwache, grausame August den friedsamen Gütigen spielte: das Reich war durchs Schwert gewonnen, es mußte durchs Schwert verteidigt werden oder durch dasselbe fallen. Wenn es den Römern jetzt zu schlummern gefiel, so wollten deshalb nicht auch die beleidigten oder rege gemachten Nationen schlummern; sie federten Rache und gaben Wiedervergeltung, als ihre Zeit kam. Im römischen Reich war und blieb der Kaiser immer nur oberster Feldherr, und als viele derselben ihre Pflicht vergaßen, wurden sie vom Heer daran fürchterlich erinnert. Es setzte und würgte Kaiser, bis endlich der Oberste der Leibwache sich zum Großwesir aufdrang und den Senat zur elenden Puppe machte. Bald bestand auch dieser nur aus Soldaten, aus Soldaten, die mit der Zeit so schwach wurden, daß sie weder im Kriege noch im Rate laugten. Das Reich zerfiel: Gegenkaiser jagten und plagten einander; die Völker drangen hinan, und man mußte Feinde ins Heer nehmen, die andere Feinde lockten. So wurden die Provinzen zerrissen und verwüstet; das stolze ewige Rom ging endlich im Sturz unter, von seinen eignen Befehlshabern verlassen und verraten. Ein fürchterliches Denkmal, wie jede Eroberungswut großer und kleiner Reiche, insonderheit wie der despotische Soldatengeist nach gerechten Naturgesetzen ende. Fester und größer ist nie ein Kriegsstaat gewesen, als es der Staat der Römer war; keine Leiche aber ist auch je schrecklicher zu Grabe getragen worden als Jahrhunderte durch diese in der römischen Geschichte, so daß es hinter Pompejus und Cäsar keinen Eroberer und unter kultivierten Völkern kein Soldatenregiment mehr geben sollte.

Großes Schicksal! ist die Geschichte der Römer uns dazu geblieben, ja einem Teil der Welt mit dem Schwert aufgedrungen worden, damit wir dies lernen sollten? Und doch lernen wir an ihr entweder nur Worte, oder sie hat, unrecht verstanden, neue Römer gebildet, deren doch keiner seinem Vorbilde je gleichkam. Nur einmal standen jene alten Römer auf der Schaubühne und spielten, meistens als Privatpersonen, das fürchterlich-große Spiel, dessen Wiederholung wir der Menschheit nie wünschen mögen. Lasst uns indessen sehen was im Lauf der Dinge auch dies Trauerspiel für Glanz und große Seiten gehabt habe.

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