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Titus und Salome


Der Talisman

Posse mit Gesang in drei Akten

von

Johann Nestroy

 

 

Couplets

Couplets

Die Begleitmusik (Klavierauszug) der Couplets kann als mp3-File oder als Real Audio rm-File heruntergeladen werden.

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1. Akt, Fünfte Szene

Titus Feuerfuchs (tritt während des Ritornells des folgenden Liedes erzürnt von rechts vorne auf)

Lied 

(Titus1.mp3)

1.
            Der hat weiter nit g'schaut,
            Beinah' hätt' ich'n g'haut;
            Der Spitzbub', 's is wahr,
            Lacht mich aus weg'n die Haar'!
            Wen geht's denn was an,
            Ich hoff doch, ich kann
            Haar' hab'n, wie ich will,
            Jetzt wird's mir schon z'viel!

Rote Haar' von ein' falschen Gemüt zeig'n soll'n?
's is's Dümmste, wann d' Leut' nach die Haar' urteil'n woll'n.
's gibt G'schwufen g'nug mit ein' kohlrab'nschwarzen Haupt
Und jede is ang'schmiert, die ihnen was glaubt;
Manch blondg'lockter Jüngling is beim Tag so still
Und schmachtend - warum? Bei der Nacht lumpt er z' viel!
Und mit eisgraue Haar' schaun die Herrn aus so g'scheit
Und sein oft verruckter noch als d' jungen Leut'!

            Drum auf d' Haar' muß man gehn,
            Nachher trifft man's schon schön.

2.
(Drohend in die Szene blickend, von woher er gekommen.)
            Mir soll einer traun,
            Der wird sich verschaun,
            Auf Ehr', dem geht's schlecht,
            Denn ich beutl' ihn recht;
            Der Kakadu is verlor'n,
            Wenn ich in mein' Zorn
            Über d' Haar' ein' kumm,
            Der geht glatzkopfet um.

Die rothaarig'n Madeln, heißt's, betrüg'n d' Männer sehr;
Wie dumm! Das tun d' Madeln von jeder Couleur.
Die schwarz'n, heißt's, sein feurig, das tut d' Männer locken,
Derweil is a Schwarze oft d' fadeste Nocken.
Die Blonden sein sanft? O! A Blonde is a Pracht!
Ich kenn' eine Blonde, die rauft Tag und Nacht.
Doch mit graue Haar' sein s' treu, na, da stund man dafur,
Nit wahr is, die färb'n sich s' und geb'n auch keine Ruh' -

            Drum auf d' Haar' muß man gehn,
            Nachher trifft man's schon schön.


1. Akt, Fünfzehnte Szene

Salome (allein)

Salome Da geht er, und ich weiß nicht - ich hab' eh' kein Glück g'habt, und mir kommt jetzt vor, als wenn er noch was mitgenommen hätt' davon. Wenn ich mir's nur aus 'm Sinn schlagen könnt'! Aber wie denn? Mit was denn? Wär' ich a Mannsbild, wußt' ich mir schon z' helfen; aber so - die Mannsbilder haben 's halt doch in allen Stücken gut gegen uns.

Lied

(Salome2.mp3)

1.
              Wenn uns einer g'fallt und versteht uns nit glei',
Was soll man da machen, 's is hart, meiner Treu!
A Mann, der hat's leicht, ja, der rennt einer nach,
Und merkt sie's nit heut', so merkt sie's in vierzehn Tag',
Er tut desparat, fahrt mit 'n Kopf geg'n die Wand,
Aber daß er's nit g'spürt, macht er's so mit der Hand!
Und 's Madel gibt nach, daß er sich nur nix tut -
Ja, die Männer hab'n 's gut, hab'n 's gut, hab'n 's gut!
2.
Wenn uns einer kränkt, das is weiter kein Jammer,
Was können wir tun? Nix als wana in der Kammer!
Kränken wir einen Mann, tut's ihn nit stark ergreifen,
Er setzt sich ins Wirtshaus und stopft si sei Pfeifen.
Wir glaub'n, er verzweifelt, derweil ißt er ein' Kas,
Trinkt ein' Heurigen und macht mit der Kellnerin G'spaß,
Schaut im Hamgehn einer andern glei hübsch unter'n Hut -
Ja, die Männer hab'n 's gut, hab'n 's gut, hab'n 's gut!
3.
Hat a Madel die zweite oder dritte Amour,
Is ihr Ruf schon verschandelt, und nachher is zur.
In dem Punkt is a Mann gegen uns rein a Köni,
Wann er fünfzig Madeln anschmiert, verschlagt ihm das weni,
Auf so ein' Halodri hab'n d' Madln erst Schneid,
Und g'schieht es aus Lieb' nit, so g'schieht es aus Neid,
Daß man sich um ein' solchen erst recht reißen tut -
Ja, die Männer hab'n 's gut, hab'n 's gut, hab'n 's gut.
(Geht ab.)

2. Akt, Zweiundzwanzigste Szene

Titus (allein)

Titus Gnädige! Gnädige! Ich sag' derweil nichts als: Gnädige! - Wie ein' das g'spaßig vorkommt, wenn ein' nie eine mögen hat, und man fangt auf einmal zum Bezaubern an, das ist nit zum Sagen. Wann ich denk': Heut' vormittag und jetzt, das wird doch eine Veränderung sein für einen Zeitraum von vier bis fünf Stund'! Ja, die Zeit, das is halt der lange Schneiderg'sell, der in der Werkstatt der Ewigkeit alles zum Andern kriegt. Manchmal geht die Arbeit g'schwind, manchmal langsam, aber firtig wird's, da nutzt amal nix, g'ändert wird all's!

Lied

(Titus3.mp3)

1.
                  's war einer von Eisen, hat wütend getanzt,
Dann mit 'm Gefrornen sich beim offnen Fenster auf'pflanzt,
Is g'rennt und g'sprengt zu die Amouren in Karriere,
Spielt und trinkt d' ganze Nacht, er weiß vom Bett gar nix mehr.
Nach zehn Jahren is d' Brust hektisch, homöopathisch der Mag'n,
Er muß im Juli flanellene Nachtleib'ln trag'n
Und extra ein' wattierten Kaput, sonst war's z' kühl -
Ja, die Zeit ändert viel.
2.
A Sängerin hat g'sungen wie Sphärenharmonie,
Wann s' der Schnackerl hat g'stoßen, war 's Feenmelodie.
Diese Stimm', die is was Unerhörtes gewest,
Aus Neid sein die Nachtigall'n hin wor'n im Nest;
Silberglocken war'n rein alte Häfen gegen ihr;
Sechs Jahr' drauf kriegt ihr' Stimm' a Schneid wie 's Plutzerbier.
Jetzt kraht s' nur dramatisch, frett't sich durch mit'm Spiel -
Ja, die Zeit ändert viel.
3.

Dem Haider gelt’ ma schon als ein b’sonderer Staat,
Für den die Verfassung wenig Geltung g’habt hat:
Gegen den Adamovich rief er auf zum Boykott,
Und lasst jetzt die Ortstaferln verändern ganz flott.
Auch im Umweltschutz fühlt er sich plötzlich ganz z’ Haus
Und fordert für Temelin energisch das Aus.

Aber is er jetzt blau, braun oder grün, 
das wisse wer will...
Ja, die Zeit ändert viel ...

4.

Vor Jahren, der Kreisky hat manches bewegt,
Das wir das all’s zahlen, hat ihn gar ned erregt:
So mach‘ ma halt Schulden, das kränkt mich ned sehr!
Heut steh‘ ma da und haben‘s große Malheur:
Jetzt hab ma den Euro und das Nulldefizit
Und wieder zahl‘ ma alle recht kräftig dabei mit,
Und kaner wird g’fragt, ob er das auch will...
Ja, die Zeit ändert (ned) viel ...


3. Akt, Sechzehnte Szene

Titus (allein)

Titus Fahr ab, du bordierte Befehlerfüllungsmaschine! Das is auch einer aus der g'wissen Sammlung - das Leben hat eine Sammlung von Erscheinungen, die wahrscheinlich von sehr hohem Wert sind, weil sie den Ungenügsamsten zu der genügsamen Äußerung hinreißen: »Da hab' ich schon g'nur!«

Lied

(Titus4.mp3)

1.
          's kommt ein' einer ins Zimmer, man fragt, was er will?
»Ich bitt' um Unterstützung, hab' Unglück g'habt viel;
Such' Beschäftigung, doch 's is alles b'setzt überall,
Ich bin kränklich, war jetzt erst zehn Woch'n im Spital!«
Dabei riecht er von Branntwein in aller Fruh'-
Na, da hab' ich schon g'nur, na, da hab' ich schon g'nur!
2.
»Die G'schicht' wird mir z' auffallend schon!« schreit der Mann.
»Ich weiß nicht, was d' hast«, lispelt d' Frau, »hör' nur an,
Daß der Mensch mir so viel zarte Achtung erweist,
Das g'schieht aus Bewunderung nur für mein' Geist,
Das, was du für Liebe hältst, ist Freundschaft nur!«
Na, da hab' ich schon g'nur, na, da hab' ich schon g'nur!
3.
»Ich geh' zum Theater!« hat mir einer g'sagt.
»Als was woll'n S' denn 's erstemal spiel'n?« hab' i g'fragt.
»Ich spiel' gleich den Hamlet, denn ich bin ein Genie.
Gib dann den Don Carlos als zweites Debut.
So wie ich hab'n sie kein' in der Burg, gar ka Spur!«
Na, da hab' ich schon g'nur, na, da hab' ich schon g'nur!
4.

In der hohen Politik hat’s schon mancher recht gut;
Füllt sich gierig die Tasch’n, dann nimmt er sein Hut.
Die Parteien find’st hier schon von jeder Couleur;
Und bist‘ erst bei zweien, is es gar kein Malheur!
Dann hast’ beim nächsten Regierungswechsel weiter dei‘ Rua.

No, da hab i schon gnua ...

(Durch die Seitentür links ab.)

 

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