Die Begnadung des Künstlers
erfolgte früher vor allem durch die niederen, naturhaften leiblichen
Glieder seines Wesens, und je weniger sich das Ich dem daraus entspringenden
schöpferischen Strom entgegenstellte, sondern sich durch ihn leiten
und erziehen ließ, desto besser war es. Auf diesem Weg wurde gleichsam
das Ich durch die unmittelbare göttliche Wirkung erzogen. Heute
ist es gerade umgekehrt, indem der schöpferische Einschlag direkt
im Ich erfolgt und dieses dann die niederen Wesenglieder belehrt
und deren Widerstand überwindet. Heute ist dieser Wandel in eine
entscheidende Phase gekommen, denn das Alte ist bereits weitgehend
verloren und das Neue noch wenig verwirklicht. Dadurch mag manches
in der Gegenwartskunst unausgegoren und unbefriedigend erscheinen.
Aber man sollte sich nicht täuschen lassen, denn dahinter reift
eine mächtige neue Schöpferkraft heran. Das gilt für die Kunst im
engeren Sinn, das gilt aber insbesondere auch für das „Gesamtkunstwerk“
Mensch. Derart darf man trotz der künftig zu erwartenden großen
Schwierigkeiten und Widerstände, die nicht ausbleiben werden, sehr
hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Die Kunst wird einen wesentlich
Impuls dafür geben, dass sich diese Hoffnung auch verwirklicht.
Sie ist ein Weg der Erziehung des Menschengeschlechts. (auch
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